Veröffentlichungen Duft-Splitter

Duft-Splitter


Interessantes und Amüsantes
In der Rubrik „Duft-Splitter“ greift unsere Autorin Johanna Bauer aktuelle Meldungen und wissenschaftliche Veröffentlichungen rund um die Schwerpunkte „Duft“ und „Aroma“ auf. Viele der informativen, kurzen Beiträge erscheinen regelmäßig in unserer Fachzeitschrift F·O·R·U·M.
[aus: Forum 63, 2024] Wissenschaftliche Forschung zur Wirkung naturreiner ätherischer Öle war lange ein Randthema in der Medizin. Inzwischen aber interessieren sich sogar Krankenkassen für die Möglichkeiten der Aromatherapie. Gemeinsam haben Barmer, AOK Sachsen-Anhalt, die Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege und die Firma Primavera ein Modellprojekt initiiert. Es geht um Raumbeduftung in der stationären Altenpflege und die Frage, ob und wie sie sich auf die Gesundheit und das Wohlbefinden von Pflegekräften auswirkt. Das Projekt wurde auf dem Deutschen Pflegetag letzten Herbst in Berlin vorgestellt.
Durchgeführt wurde das Pilotprojekt in sechs Pflegeheimen in Sachsen-Anhalt. Es stand leider unter keinem guten Stern. Die Corona-Pandemie und die damit einhergehende starke Belastung der Mitarbeiter sowie der Fachkräftemangel in der Pflege erschwerten die Durchführung erheblich. Daher sollten die Ergebnisse zunächst nur als Tendenzen interpretiert werden. 
Ein Blick auf die Zahlen zeigt, dass auf den bedufteten Stationen die Krankheitstage um ein Viertel und die Fluktuation der Mitarbeiter um 15% niedriger waren als in den Kontroll-Bereichen. In einem der Heime konnte zudem die Gabe von Psychopharmaka bei den Bewohnern um fast ein Drittel reduziert werden. „Vor dem Hintergrund der Auswirkungen der Pandemie sind die Ergebnisse umso bemerkenswerter“, erklärte der Landesgeschäftsführer der Barmer Axel Wiedemann. Die Krankenkassen möchten daher das Projekt fortführen. Dabei soll auch die Wirkung der Raumdüfte auf die Pflegebedürftigen noch stärker in den Fokus rücken.
Quellen: Primavera/AOK/Barmer Krankenkasse
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[aus: Forum 63, 2024] Pflanzen können mithilfe von Duftstoffen kommunizieren. Sie scheinen sich so gegenseitig vor Angriffen von Fressfeinden zu warnen, um z.B. vermehrt Bitterstoffe einzulagern. Oder sie locken damit nützliche Raubinsekten an, die den Schädlingsbefall reduzieren helfen.
Forschende an der ETH und der Universität Zürich entwickeln derzeit ein Verfahren, das mithilfe von Drohnen diese Duftstoffe einsammeln und so Pestizideinsätze in der Landwirtschaft reduzieren soll. Die kleinen, ferngesteuerten Flugroboter werden schon heute vielfältig in der Landwirtschaft eingesetzt: Sie retten Rehkitze vor Erntemaschinen oder helfen, den gefährlichen Maiszünsler biologisch zu bekämpfen, indem sie Schlupfwespen als natürliche Feinde über betroffenen Feldern verteilen.
Bei dem neuen Verfahren sollen Drohnen spezielle Sensoren auf den Äckern ausbringen, die gezielt Pflanzenduftstoffe aufspüren, die auf Schädlingsbefall hinweisen. Sie erschnuppern den „Angstschweiß“ befallener Pflanzen, wie es in einem Artikel in der NZZ über diese speziellen Duftstoffe heißt. So könnten Landwirte frühzeitig und gezielt eingreifen und mit weniger Pestizideinsatz Ernteausfälle verhindern.
Quelle: Neue Züricher Zeitung (NZZ) vom 4. Dezember 2023

Link zur NZZ.ch
 
[aus: Forum 63, 2024] Wonach riecht es auf den Straßen und Plätzen von Wien? Die Gerüche im „Grätzl“– so nennen die Wiener ihren Wohnbezirk – erkunden, darum ging es 2023 in einem Forschungsprojekt der Universität Wien. Gefördert von der Stadt, war „Wien der Nase nach“ als sogenanntes „Citizen Science“-Projekt angelegt, bei dem Forschung mit Bürgerbeteiligung betrieben und das Erfahrungs-Wissen möglichst vieler Menschen genutzt wird.
Im Rahmen des Projekts unter Leitung der Kulturwissenschaftlerin Stephanie Weismann wurden in Riech- und Schreibworkshops Geruchsgeschichten gesammelt. Zusätzlich konnten die Bewohner und Besucher der Stadt anhand eines Online-Fragebogens die Vielfalt der Gerüche Wiens im Internet dokumentieren und so dazu beizutragen, einen „Geruchs-Stadtplan“ zu erstellen. 
Quelle: Universität Wien
Nach der wissenschaftlichen Auswertung des Projekts sind die Ergebnisse ebenso wie die Wiener Geruchskarte weiterhin online abrufbar unter:
  Link zu Wienriecht.at
[aus: Forum 63, 2024] Was haben Whiskey, Tabak und ein Pferdestall gemeinsam? Auf den ersten Blick eigentlich nichts – was den Geruch angeht aber doch etwas: p-Cresol (4-Methylphenol) ist eine stark und ambivalent riechende chemische Verbindung, deren Geruch an einen Pferdestall denken lässt. Sie ist im Urin verschiedener Säugetierarten ebenso enthalten wie als charakteristischer Geruchsstoff in Whisky und Tabak. Und wir besitzen – wie viele Säugetiere – offenbar einen Geruchsrezeptor dafür in der Nase, der speziell auf diesen Duft anspricht. 
Para-Cresol kann auch in Nahrungsmitteln wie weißem Pfeffer, Kakao, Raps- oder Olivenöl in Spuren vorkommen und dort zu Aroma-Fehlnoten beitragen. Wohl aus diesem Grund hat sich eine Forschungsgruppe am Leibniz-Institut für Lebensmittel-Systembiologie in Freising mit dem Stoff befasst. In einem aufwendigen Screening testeten sie über 600 menschliche Geruchsrezeptorvarianten, ob diese darauf ansprechen. Dabei fanden sie den Rezeptor „OR9Q2“ als denjenigen, der eine evolutionär konservierte, hochselektive Detektionsfunktion für den Duftstoff p-Cresol übernimmt. 
Quelle:
  Link zur Website Sciencedirect.com
[aus: Forum 62, 2023] Vanillin ist einer der am häufigsten verwendeten Aromastoffe weltweit, etwa 15.000 Tonnen im Jahr werden in der Lebensmittel-, aber auch Parfum- und Pharmaindustrie benötigt. Über 90% davon sind naturidentisches, also aus anderen Stoffen synthetisiertes Vanillin, das mit dem in Vanilleschoten enthaltenen Hauptaromastoff chemisch identisch ist. Echtes Vanille-Aroma, gewonnen aus den Kapselfrüchten der Gewürzvanille (Vanilla planifolia), deckt nur einen winzigen Bruchteil des Bedarfs.
Das synthetisch hergestellte Vanillin findet sich in Backwaren, Schokolade, Pudding, Speiseeis und Getränken. Es kann u.a. aus Lignin gewonnen werden, einem Holzbestandteil, der in Papierfabriken in großen Mengen als Abfallprodukt anfällt. Um aus den im Holz enthaltenen Cellulosefasern weißes Papier zu gewinnen, muss das Lignin entfernt werden. Die großtechnische Produktion von naturidentischem Vanillin aus Lignin ist deshalb ein naheliegendes und schon lange bekanntes Verfahren. Doch bisher musste dafür Ligninsulfonsäure unter Verwendung von Kupfer als Katalysator aufgespalten werden.
Ein neues Verfahren zur Vanillinproduktion aus Lignin, das wesentlich umweltverträglicher ist, hat jetzt ein Forschungsteam an der Universität Mainz entwickelt. Das Vanillin entsteht dabei quasi als Nebenprodukt bei der Papierherstellung, ohne dass umweltschädliche Chemikalien eingesetzt werden müssen oder anfallen.
Quelle:
  Link zur Originalpublikation Wiley Library

[aus: Forum 62, 2023] Künstliche Intelligenz (KI) kann inzwischen vieles genauso gut oder sogar noch schneller und besser, wovon wir früher glaubten, dass es nur das menschliche Gehirn leisten kann. Mithilfe von KI können Computer komplizierte Aufgaben in Sekundenschnelle lösen, kreative Texte schreiben und Autos autonom fahren. Nun hat Osmo, ein Start-up-Unternehmen in Cambridge im US-Bundesstaat Massachusetts, ein KI-System entwickelt, das anhand der Molekülstruktur von chemischen Stoffen ihren Duft vorhersagen kann.
Der Neurobiologe Alexander Wiltschko entwickelte mit seinem Team bei Osmo ein Programm, das einem Geruch eines oder mehrere von 55 beschreibenden Worten wie „fischig“, „fruchtig“ oder „grasig“ zuordnen kann. Das Team instruierte ihr KI-System zunächst, damit den Duft von etwa 5000 bekannten Geruchsstoffen zu beschreiben. Die KI analysierte zugleich die chemische Struktur jedes Geruchsstoffs, um Beziehungen zwischen Struktur und Duft herauszufinden. Das System identifizierte etwa 250 Korrelationen zwischen chemischer Struktur und Geruchsmerkmalen. Diese Korrelationen dienten als Grundlage für die KI, auf die sie bei der Vorhersage des Geruchs neuer, unbekannter Duftmoleküle zugreifen konnte.
Schließlich ließen die Forscher ihre „KI-Nase“ im Wettbewerb gegen menschliche Nasen antreten: Sie baten Freiwillige, bestimmte Gerüche mit derselben Menge beschreibender Worte zu verknüpfen, die von der KI verwendet wurden. Anschließend sammelten sie Duftstoffe, die nicht in der Natur vorkommen, aber dennoch für Menschen vertraut genug sind, um sie beschreiben zu können. Sie baten die Testpersonen, 323 dieser Düfte zu beschreiben und ließen die KI den Duft eines jeden dieser Moleküle auf der Grundlage ihrer chemischen Struktur vorhersagen. Die Vorhersagen der KI waren dabei erstaunlich genau und nahe am Durchschnitt der menschlichen Beschreibungen, oft näher als die Aussagen einzelner Personen.
Quelle: Nature Journal. 

Link zum Natural Journal
[aus: Forum 62, 2023] Unter dem Begriff funktionelle Dyspepsie oder Reizmagen werden in der Medizin chronische Beschwerden im Oberbauch zusammengefasst, für die keine organischen Ursachen zu finden sind. Die Symptome reichen von unspezifischen Beschwerden wie schnelles Unwohlsein und Übelkeit nach dem Essen, Völlegefühl, häufiges Aufstoßen, Blähungen und Krämpfe bis hin zu brennenden oder nagenden Magenschmerzen. Die Symptome sind weit verbreitet; man schätzt, dass bis zu 20% der Bevölkerung zeitweise daran leiden.
Die Verwendung von Pfefferminze (Mentha x piperita) und Echtem Kümmel (Carum carvi) hat in der Pflanzenheilkunde bei Magen- und Darmbeschwerden eine lange Tradition. Pfefferminzöl wirkt vor allem krampflösend und schmerzlindernd, auch eine antibakterielle und antivirale Wirkung wurde nachgewiesen. Kümmelöl wirkt entspannend und beruhigend auf Magen und Darm, gegen Blähungen und hilft die Darmflora zu regulieren.
Die positive Wirkung der beiden ätherischen Öle bei funktioneller Dyspepsie ist bekannt und bereits durch klinische Studien belegt. Was bisher fehlte, war eine Studie, welche die Wirksamkeit und Verträglichkeit auch bei Langzeitanwendung untersuchte. Über eine solche sog. Follow-up-Studie berichtete die Zeitschrift für Gastroenterologie in Ausgabe 3/2023. Verwendet wurde dabei ein Fertigpräparat mit einer hochdosierten Wirkstoffkombination (im Handel erhältlich als magensaftresistente Kapseln mit je 90 mg Mentha x piperita L. und 50 mg Carum carvi).
Die StudienautorInnen untersuchten zunächst die Wirksamkeit in einer vierwöchigen placebokontrollierten Doppelblindstudie. Von 70 PatientInnen erhielt die eine Hälfte zweimal täglich das Präparat mit ätherischen Ölen, die andere Hälfte zum Vergleich erst einmal nur ein Placebo. In den vier Wochen verbesserten sich die Beschwerden der PatientInnen in der Versuchsgruppe statistisch signifikant im Vergleich zur Placebogruppe. Im Anschluss wurde allen 70 PatientInnen für weitere 11 Monate angeboten, je eine Kapsel täglich zu schlucken. Im Lauf der nächsten sechs Monate besserten sich auch die Beschwerden in der Placebogruppe, und am Studienende hatte sich das Befinden bei über 90% aller PatientInnen stark oder sehr stark verbessert. Auch bei langfristiger Einnahme über 12 Monate erwies sich das pflanzliche Mittel als sehr gut verträglich.
Quelle: Zeitschrift für Gastroenterologie 3/2023. DOI: 10.1055/a-1823-1333
[aus: Forum 61, 2023] Ein ganz besonderes Agrarprojekt der Agrargenossenschaft See lässt in der Lausitz fast 40.000 Lavendelpflanzen erblühen. Auf 2,5 ha wird erprobt, welche Sorte (wie z. B. Hidcote Blue und Grosso) auf diesem Standort am besten wächst und eine gefragte Qualität liefert.
Die Agrargenossenschaft gewinnt aus den geernteten Blüten mittels Wasserdampfdestillation in einem schonenden Verfahren das wertvolle ätherische Öl. Alles geschieht direkt auf dem Hof in See mit den Anlagen des Ingenieurbüros Svensson. Zusätzlich entsteht bei der Wasserdampfdestillation Lavendelwasser.
Die Agrargenossenschaft vermarktet ihre Produkte selbst: Neben Öl und Hydrolat werden auch Lavendelsäckchen und Naturkosmetik angeboten, sogar eine Lavendelsalami ist im Programm. 
Das Mittagsmagazin hat das Projekt am 18.07.2023 vorgestellt - auch FORUM ESSENZIA-Vorstandsmitglied Gisela Hillert war dabei. (ab 26:10 min)
Beitrag in der ZDF-Mediathek
[aus: Forum 61, 2023] Nicht nur bei der Partnersuche, auch bei der Entstehung von Freundschaften scheint der Körpergeruch eine Rolle zu spielen. Das lässt sich aus einer israelischen Studie schließen, in der die Neurobiologin Inbal Ravreby gemeinsam mit zwei KollegInnen herausfand, dass die Geruchsprofile von guten FreundInnen ähnlicher sind als die von beliebig ausgewählten fremden Paaren.

Geht es um die Auswahl von Sexualpartnern, hilft der Körpergeruch dabei, vor allem solche attraktiv zu finden, die sich in ihrem immungenetischen Profil von unserem unterscheiden. Denn genetische Vielfalt erhöht die Chance auf gesunde Nachkommenschaft. Welche Rolle aber könnte der Geruch in nicht-sexuellen Freundschaften spielen? Hier geht es um Ähnlichkeit, vermuteten die Forschenden: Wir suchen in der Regel Freunde und Freundinnen, die uns ähnlich sind. Wenn zwei sich auf Anhieb gut verstehen – sie nannten das „Klick-Freundschaften“ – könnte die Nase dabei eine Rolle spielen. Das gilt auch, wenn wir den „Duft“ unseres Gegenübers gar nicht bewusst wahrnehmen.

Diese Hypothese überprüften sie zunächst anhand von 20 solchen „Klick“-Freundespaaren. Sie ließen eine sog. „elektronischen Nase“ den Geruch mehrere Tage getragener T-Shirts in seine chemischen Bestandteile zerlegen und analysieren. Aber auch menschliche Nasen schnupperten an den T-Shirts. In beiden Fällen zeigte sich: Die Shirts guter Freunde und Freundinnen dufteten ähnlicher als die von Fremden.

Aber ist es wirklich der ähnliche Geruch, der zwei Menschen Freundschaft schließen lässt? Oder gleichen sich FreundInnen im Geruch an, weil sie viel Zeit miteinander verbringen, ähnliche Ess- oder Lebensgewohnheiten haben? Ein weiteres Experiment sollte Klarheit schaffen. Testpersonen, die sich vorher nicht kannten, traten zu einem Paarspiel-Experiment an, bei dem sie sich gegenüberstehen und die Bewegungen des anderen nachahmen sollten, ohne zu sprechen. Anschließend mussten sie beurteilen, wie gut sie sich dabei verstanden hatten. Paare, die im Spiel gut harmoniert hatten, waren sich auch im Geruchsprofil ähnlicher. Umgekehrt konnten die Wissenschaftler sogar mittels elektronischer Nase voraussagen, welche Paare sich im Spiel besonders gut verstehen würden.
Quelle: Science Advances
  Nachweis auf Science.org
[aus: Forum 61, 2023] Schlafen hilft dabei, Gelerntes im Gedächtnis zu verankern. Im Schlaf sortiert das Gehirn neu erworbene Informationen und speichert sie im Langzeitgedächtnis ab, so erklärt es sich die Wissenschaft. Bereits seit Langem ist auch bekannt, dass man diesen Vorgang mit Düften unterstützen kann. Ein angenehmer Duft, während des Lernens und später im Schlaf erneut präsentiert, verbessert den Lernerfolg. Nichts Neues also – doch immer wieder gibt es Studien, die interessante Aspekte zu diesem Thema beleuchten.

Um den Einsatz von Duftstoffen im Rahmen einer psychotherapeutischen Behandlung ging es in einer Studie, die letztes Jahr auf dem Kongress der Deutschen Gesellschaft für Schlafforschung und Schlafmedizin (DGSM) vorgestellt wurde. Auch der Erfolg einer Psychotherapie beruht letztlich auf Lernprozessen. Die Neuropsychologin Mojgan Ehsanifard berichtete, wie PatientInnen mit posttraumatischer Belastungsstörung von Düften im Schlaf profitieren könnten: „Wir haben Menschen mit belastenden Erinnerungen während der Therapie einen Duft riechen lassen, der ihnen angenehm war und mit dem keine vorigen
Erinnerungen verbunden waren. Dieser Duft wurde am selben Tag während des Schlafes noch einmal freigesetzt.“ Nach ersten Erkenntnissen scheint sich dies positiv auf den Behandlungsverlauf auszuwirken.

Eine weitere Studie, durchgeführt von Freiburger Forschenden, untersuchte die Bedingungen genauer, unter denen im Alltag Duft effektiv fürs Lernen im Schlaf eingesetzt werden kann. 183 erwachsene Testpersonen bekamen verschlossene Briefumschläge zugeschickt, die entweder Rosenduftgranulat oder nur Papierschnitzel enthielten. Dazu erhielten sie detaillierte Anweisungen, wann und wo sie die Umschläge beim Lernen von Japanisch-Vokabeln, beim Schlafen und während des Vokabeltests platzieren sollten. Die Studie zeigte: Besonders gut schnitten diejenigen ab, bei denen der Rosenduft drei Tage und Nächte hintereinander, sowohl während des Lernens als auch im Schlaf präsent war.

Bislang hatte man vermutet, dass der Duft während bestimmter Schlafphasen präsentiert werden muss um zu wirken, was aufwändige Messungen im Schlaflabor erfordert. Offenbar ist das nicht der Fall. Das macht die Methode alltagstauglich und z.B. auch für Schüler und StudentInnen zu Hause anwendbar.

Quellen: Universitäts-Klinikum Freiburg, DGSM
  Uniklinik Freiburg Pressemitteilung
IDW Nachrichten Informationsdienst Wissenschaft
[aus: Forum 61, 2023] Echte und gefälschte Parfüms einfach und schnell unterscheiden: Das ist nur eine von vielen Einsatzmöglichkeiten für eine neue Technik, die im Rahmen des EU-Forschungsprojekts „Ultrachiral“ an der Uni Mainz entwickelt wurde. „Hohlraum-verstärkte Polarimetrie“ zur optischen Chiralitätsanalyse nennt sich die Methode. Mit ihr können die Anteile chiraler Molekülformen in einem Gasgemisch äußerst schnell und präzise in Echtzeit gemessen werden.
Chiralität ist in der Biochemie ein bekanntes Phänomen. Es bedeutet, dass Moleküle in zwei spiegelgleichen Formen vorliegen können, die – wie unsere Hände – nicht miteinander in Deckung zu bringen sind. Pflanzendüfte bestehen oft aus chiralen Bio-Molekülen. Auch bisher schon wird die Chiralitätsanalyse zur Reinheitsprüfung von ätherischen Ölen, etwa von Lavendelölen, eingesetzt.

Die neue Methode könnte vor allem bei komplexeren Duftmischungen wie Parfüms, die eine Vielzahl natürlicher und synthetischer Inhaltsstoffe enthalten, die bisher sehr aufwändige Qualitätskontrolle ersetzen. Testweise haben die Forschenden vier bekannte Markenparfüms mit billigeren Kopien verglichen. Mit einer einzigen schnellen Messung konnte das Mainzer Team die hochwertigen Originale anhand ihrer chiralen Signaturen von den Plagiaten unterscheiden.

Auch in der Landwirtschaft und im Umweltschutz könnte die neue Technik hilfreich sein. Pinen, das zum charakteristischen Duft von Kiefern und Pinien beiträgt, gibt es in der Natur sowohl in „rechtsdrehender“ als „linksdrehender“ Form. Anhand einer jungen Kiefer konnte das Forschungsteam zeigen, dass sich die chirale Signatur, d.h. der Anteil beider Formen in ihren Emissionen ändert, sobald die Pflanze beschädigt wird, krank ist oder unter Trockenstress leidet. Dieses Phänomen könnte in der Praxis genutzt und Kulturpflanzen mithilfe eines Messgeräts vor Ort kontinuierlich auf Schädlingsbefall, Krankheiten oder Trockenheit überwacht werden.

Quelle: Pressemitteilung Universität Mainz
Original-Nachweise:
  Zur Pressemitteilung der Uni Mainz
Zur Website von ScienceAdvances
[aus: Forum 61, 2023] Wäsche bei Niedrigtemperaturen zu waschen, spart Energie. Viele Textilien vertragen auch nur 30°C- oder 40°C-Wäsche, und sauber wird die Kleidung damit genauso. Meistens landet sie eh in der Maschine, nicht weil sie wirklich dreckig ist, sondern nur länger getragen wurde und nicht mehr frisch riecht.

Manchmal riecht die Wäsche aber auch nicht frisch gewaschen, sondern eher muffig, wenn sie aus der Trommel kommt. Das kann an dem Mikrobenfilm liegen, der sich mit der Zeit in einer Waschmaschine bildet, gerade wenn nur mit niedrigen Temperaturen gewaschen wird. Wissenschaftler haben diesen Biofilm jetzt genauer unter die Lupe genommen. Ob es in einem Haushalt Kinder oder Haustiere gibt oder welche Waschmittel verwendet werden, scheint wenig Einfluss auf das Wachstum geruchsbildender Bakterien im feuchten Klima der Maschine zu haben. Hier konnten die Wissenschaftler keine relevanten Zusammenhänge feststellen.

Die meisten Mikroorganismen setzen sich im Waschmittelfach und an den Gummidichtungen fest. Bei der Analyse von Proben, die sie dort entnahmen, stellten sie Interessantes fest: Das „Mikrobiom“ von riechenden und nicht-riechenden Waschmaschinen unterscheidet sich zunächst nur wenig. Allerdings fanden sie in den nicht-riechenden zusätzlich bestimmte Bakterien, die sonst eigentlich im Erdreich vorkommen. Vor allem Bodenbakterien der Gattung Rhizobium, die bevorzugt an Pflanzenwurzeln leben, scheinen miefige Waschmaschinen-Gerüche verhindern zu können.

Vielleicht entwickeln Waschmittelhersteller bald „Probiotika“ für die Waschmaschine, um mit diesen Bodenbakterien dem Problem muffiger Wäsche Herr zu werden. Bis dahin hilft nur, öfter mal zwischendurch mit mindestens 60°C zu waschen und nach jedem Waschgang Einfüllkammer und Trommeltür offen stehenzulassen, damit die Feuchtigkeit entweichen kann.

Quelle: Laborjournal Zinn M. et al. (2022):
  Zur Website von MDPI
[aus: Forum 60, 2022] Wer auf dem Land lebt, muss damit rechnen, dass gewisse „Land-Gerüche“, wie sie etwa durch Gülle, Hühnermast oder Ferkelaufzucht entstehen, als ortsüblich toleriert werden müssen. Anders sahen es die Richter im Fall eines über mehrere Instanzen ausgetragenen Nachbarschaftsstreits, in dem es um einen stark riechenden Ziegenbock ging. Sie gaben der Nachbarin Recht, die dessen Besitzer wegen Geruchsbelästigung verklagt hatte. 

Nach einem Ortstermin war das Landgericht Bayreuth in erster Instanz – ebenso wie das Oberlandesgericht Bamberg in seinem Urteil – zu dem Schluss gekommen, dass der Ziegenbock-Gestank das Grundstück der Klägerin wesentlich beeinträchtige und ihre Klage berechtigt sei. Die auch von Zeugen geschilderten, als unerträglich empfundenen Gerüche hätten „nicht mit einer mangelnden Gewöhnung an das Landleben, wie es bei Städtern der Fall sein möge, erklärt werden können“.

Warum riechen Ziegenböcke überhaupt so penetrant? Verantwortlich für den Geruch sind spezielle Talgdrüsen am Kopf. In der Paarungszeit produzieren diese Drüsen eine flüchtige chemische Substanz namens 4-Ethyloctanal. Sie wirkt direkt auf das Gehirn der Weibchen und aktiviert deren Hormonsystem. Was für uns Menschen so übel stinkt, wirkt auf weibliche Ziegen also aphrodisierend.

Quelle: dpa Zur Pressemitteilung 7/2021 des Landgerichts Bayreuth
[aus: Forum 59, 2022] Im Gegensatz zu anderen Landwirbeltieren wie Reptilien oder Vögeln haben die meisten Säugetiere vorstehende, bewegliche Nasen mit Nüstern bzw. Schnauzen. Ihre Nasenform bringt für diese Säugetierarten eine erhebliche Verbesserung des Geruchs- und Tastsinns mit sich. Diese für Säugetiere typische Gesichtsstruktur mit ihren prominenten Nasen ist ein vergleichsweise neues Phänomen in der Evolution, meint der Paläontologe Ingmar Werneburg.

„Bisher sah die Wissenschaft die Entwicklung der Gesichter von Reptilien und Säugetieren als relativ vergleichbar an”, erklärt der Tübinger Forscher. Nun konnte er gemeinsam mit japanischen Wissenschaftlern in einer Studie zeigen, dass die Nase der Säugetiere eine drastische Abweichung vom gemeinsamen Grundplan ist – und evolutionär gesehen eine ziemlich neue Entwicklung. Diese habe das „Schnüffeln“ anatomisch überhaupt erst möglich gemacht: Nüstern können bewegt, Gerüche eingesogen werden. Damit steht eine Vielzahl neuer Informationen über die Umwelt zur Verfügung. Der hochentwickelte Geruchssinn der meisten Säugetiere habe so wahrscheinlich auch ihre Gehirnentwicklung begünstigt.

In Kooperation mit einem Wissenschaftler-Team in Tokio erforschte Werneburg am Senckenberg Centre for Human Evolution and Palaeoenvironment der Universität Tübingen die Entwicklung jener Zellpopulationen, aus denen sich später die Gesichtsstrukturen formen. Die Forscher verglichen die Entwicklung bei verschiedenen Spezies, darunter Hühner, Ameisenigel, Geckos und Mäuse. Auch fossile Präparate aus der 200 Jahre alten Paläontologischen Sammlung in Tübingen, einer der größten weltweit, zogen sie dafür heran.
(Quelle: Senckenberg Gesellschaft für Naturforschung)
[aus: Forum 59, 2022] Griffinia gardneriana ist eine äußerst seltene Pflanze aus der Familie der Narzissengewächse. Sie wächst in der Caatinga, einer Dornstrauchsavanne im Nordosten Brasiliens und steht auf der Roten Liste der vom Aussterben bedrohten Arten. Ihre Blüten öffnen sich nur für eine Nacht, sie verströmen einen überwältigenden, betörenden Duft.

Die brasilianische Botanikerin Luiza de Paula von der Universität von Minas Gerais ist auf der Suche nach den Blüten der Griffinia gardneriana, und zwar im Auftrag von „The Red List Project“ (TRLP). Diese 2018 in den USA gegründete Gruppe setzt sich für den Schutz botanischer Arten und Ökosysteme weltweit ein und sammelt dafür Spendengelder. Dazu kam sie auf die Idee, die Duftprofile von seltenen, vom Aussterben bedrohten Pflanzen zu sammeln, um sie als Parfums oder Raumsprays nachbauen zu lassen. Mit dem Erlös aus dem Verkauf solcher außergewöhnlichen und kostbaren Düfte sollen Umweltprojekte zum Schutz gefährdeter botanischer Arten finanziert werden.

Der Parfumhersteller Baruti hat in Zusammenarbeit mit TRLP bereits zwei Düfte als zwei Raumsprays herausgebracht: „Baruti Portlandia“ basiert auf dem Duftprofil von Portlandia platantha, einem Busch aus Jamaika, und den Duft von Viola ucriana, einer seltenen, geschützten Veilchenart aus Sizilien, gibt es als „Palermo Violet“ zu kaufen.

(Quellen: Die Zeit Nr. 6/2022, 03.02.2022; www.theredlistproject.org) Quelle
[aus: Forum 59, 2022] Thymian und Oregano sind nicht nur beliebte Gewürzkräuter, sie werden auch als Arzneipflanzen genutzt. Wichtige Bestandteile der Pflanzen – und auch in ihren ätherischen Ölen konzentriert enthalten – sind Thymol bzw. Carvacrol. Sie sorgen für das typische Aroma von Thymian und Oregano.

Thymol kommt aufgrund seiner sekretlösenden, antibakteriellen und krampflösenden Eigenschaften u.a. in Erkältungstees, Hustensäften und pflanzlichen Arzneimitteln gegen Bronchitis zum Einsatz. Carvacrol, das hoch dosiert in Oregano enthalten ist, verfügt über ähnliche Eigenschaften. Sein Geruch wird häufig mit Pizzasoße und anderen mediterranen Gerichten verbunden.

Ein Team der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg (MLU) und der Purdue University in den USA hat nun erstmals lückenlos aufgeklärt, wie die Substanzen in den Pflanzen in einem mehrstufigen Prozess gebildet werden. Man könne sich das „wie eine Fertigungsstraße in einer Fabrik vorstellen: Jeder Arbeitsschritt ist aufeinander abgestimmt und nur in der richtigen Reihenfolge entsteht das gewünschte Produkt“, erklärte Prof. Dr. Jörg Degenhardt vom Institut für Pharmazie der MLU. Anstelle von Maschinen erledigten Enzyme diese Arbeit in speziellen Drüsenzellen auf der Blattoberfläche.

Chemisch gesehen sind die beiden Substanzen sehr nahe verwandt. Für Thymol und Carvacrol laufen auch die Herstellungsprozesse zunächst gleich ab; erst in einem letzten Schritt kommen unterschiedliche Enzyme zum Einsatz, die die jeweilige Substanz produzieren. Die neuen Erkenntnisse könnten dabei helfen, die Züchtung und pharmazeutische Nutzung beider Pflanzen zu verbessern.
(Quelle: Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg)
[aus: Forum 59, 2022] „Es war in meinem Leben nicht vorgesehen, mich einmal mit Gerüchen, Düften oder gar Parfums zu beschäftigen“, schrieb der Historiker Karl Schlögel zu dem 2020 erschienenen Buch „Der Duft der Imperien“. In dieser „außerplanmäßigen Recherche“, wie er es nennt, geht Schlögel der Geschichte des 20.Jahrhunderts quasi „mit der Nase“ nach. Der renommierte Osteuropa-Experte hat zahlreiche Bücher verfasst und ist durch seine fundierten Analysen zum russischen Ukraine-Krieg auch einer größeren Öffentlichkeit bekannt geworden.

Zwei weltberühmte Parfums stehen im Mittelpunkt dieses interessanten Versuchs, Geschichte olfaktorisch zu erzählen: Chanel N°5 und – auf der anderen Seite des Eisernen Vorhangs – „Krasnaja Moskwa“, Rotes Moskau. Das von der französischen Modeschöpferin Coco Chanel 1921 auf den Markt gebrachte Parfum gilt als der erfolgreichste Duft des Westens, berühmt auch durch Marilyn Monroes Spruch, im Bett trage sie „nur ein paar Tropfen Chanel Nº5“. Rotes Moskau dagegen war das populärste Parfum der Sowjetunion und bei allen Feierlichkeiten in den Ländern des Warschauer Pakts anzutreffen.

Das Erstaunliche: Beide Düfte gehen, auch wenn ihre Verwandtschaft nur von trainierten Nasen erkennbar ist, laut Schlögel auf ein und dasselbe Parfum zurück, das anlässlich des 300-jährigen Jubiläums der russischen Zarenfamilie 1913 entwickelte „Lieblingsbouquet der Kaiserin Katharina II“. Der Franzose Ernest Beaux hatte es als Chefparfümeur des Moskauer Hoflieferanten kreiert. Nach der Revolution war er nach Frankreich zurückgekehrt und hatte Coco Chanel eine Variation überlassen.
(Quelle: Karl Schlögel: Der Duft der Imperien. Hanser Verlag 2020)

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